Archiv-Beitrag vom 14.03.2014Anders wohnen - Jung und Alt unter einem Dach
Neue Wohnformen in der Stadt
Steigende Lebenserwartung, kulturelle Vielfalt sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellen neue Herausforderungen, aber auch Chancen dar. Aus dem Grund ist eine Nachbarschaft mit familiärem Zusammenhalt und stabilen Beziehungen alles andere als selbstverständlich. Wenn dazu noch der Wunsch kommt, Menschen aus allen Generationen, mit unterschiedlichen Kulturen und Menschen mit Behinderungen unter einen Dach zu bringen, dann stellen Wohngruppenprojekte eine Möglichkeit dar, diese Ideen gemeinsam zu realisieren. Das vom Rat der Stadt Mülheim an der Ruhr beschlossene Handlungskonzept Wohnen empfiehlt, bei künftigen Planungen neben den klassischen Bauträgermaßnahmen auch Angebote für Baugemeinschaften/ Baugruppen zu offerieren.
In diesem Zusammenhang wurde das aus Drittmitteln finanzierte Projekt „Aktiv leben in guter Nachbarschaft“ initiiert. Eine Arbeitsgemeinschaft bestehend aus dem Architekturbüro Post/Welters und Birgit Pohlmann - die als freischaffende Moderatorin von Wohnprojekten tätig ist - wurde beauftragt, ein öffentliches Moderationsverfahren durchzuführen mit dem Ziel, eine handlungsfähige Gruppe von zukünftigen BewohnerInnen zu bilden, die auf Grundlage eines gesicherten Konzeptes die weiteren Entwicklungs- und Realisierungsschritte eigenverantwortlich übernimmt und mit fachlicher Unterstützung ein Wohnprojekt realisieren kann. Die Verwaltung hatte drei potenzielle Baugrundstücke als geeignet für ein Wohnprojekt identifiziert und wird diese Grundstücke für eine bestimmte Zeit für eine Vermarktung an Baugruppen alternativer Modelle gemeinschaftlichen Wohnens vorhalten.
Konkret handelt es sich um Grundstücke in Heißen, Speldorf und am Klöttschen, denen die Stadt das Potenzial einräumt, generationsübergreifende Bauprojekte mit Gemeinschaftshäusern beziehungsweise -räumen in Planung zu nehmen. Die Stadt möchte das Thema „befördern“, so Frank Berges vom ImmobilienService. „Wir möchten den Wünschen entsprechen, wenn aus der Bevölkerung solche Impulse kommen.“
Mit etwa 20 Mitgliedern (und vielen Interessenten) ist die Gruppe Heißen zurzeit am größten. Frank Peylo von der Lebenshilfe ist zuversichtlich: „Wir haben eine bunte Mischung. Durch gemeinsame Aktivitäten kann man sich vorab sozial aufeinander einstellen.“ Ziel ist es, den Bewohnern ein lebendiges Wohnumfeld zu bieten und gerade Menschen, die zur Isolation neigen, unter die Arme zu greifen. „Nachbarschaft muss gelebt werden“, appelliert er.
Renate Vetter von der Speldorfer Gruppe mangelt es nicht an Ideen, leider jedoch an Mitgliedern: „Ursprünglich waren wir 18. Lediglich ein harter Kern von drei Personen ist der Gruppe erhalten geblieben“. Sie betont die Vorzüge nachbarschaftlicher Beziehungen und gegenseitiger Hilfen: „Zum Beispiel können Ältere für kurzfristige Kinderbetreuung herangezogen werden. Oder Jüngere helfen den Älteren bei ihrem Einkauf.“ Das Ehepaar Elisabeth und Karl-Heinz L’hoest gehört ebenfalls der Gruppe Speldorf an. Sie verweisen auf die sehr attraktive Lage des geplanten Komplexes, die Jung und Alt gerecht wird. „Die dortige Infrastruktur ist optimal. Schulen, Kitas, diverse Geschäfte, Busse, die Autobahn - alles ist schnell erreicht“, so Karl-Heinz L’hoest. Auch der zukünftige Radschnellweg ist ganz in der Nähe. Thorsten Kamp, der das Projekt im Planungsamt begleitet, ist überzeugt von dem „Charme der Lage“.
Die Entwicklung eines Wohnprojektes am Klöttschen wird erst einmal zurückgestellt. Weil hier Verkehrsmaßnahmen und Straßenumbauten geplant sind, mache es Sinn, diese abzuwarten.
Nachhaltige Bauweisen
Der Gedanke, bewusster und nachhaltiger zu leben, trägt seine Früchte auch in die Bauplanung der Wohnprojekte. Der Wunsch nach umweltbewussten, barrierefreien und altersgerechten Baumaßnahmen ist so stark ausgeprägt, wie noch nie. „Wir denken an morgen - und weiter“, so Wolfgang Müller-Funke, von der Speldorfer Wohngruppe. Aus dem Grund sind Baugemeinschaften, Eigentums- und Mietbasis ebenso im Gespräch wie eine Mischung aus Einzelunterkünften, WG’s, Besucher-Appartements und, im Hinblick auf das Miteinander, großzügig gestaltete Gemeinschaftsräume und Gärten. Dass das Konzept funktioniert, beweist eine Vielzahl von ähnlichen Projekten aus Nachbarstädten, zum Beispiel durch den Verein W.I.R. e.V. in Dortmund initiiert, die zum Teil schon erfolgreich abgewickelt wurden.
Durch den „sanften Druck der Stadt“ konnte garantiert werden, dass die konkreten Absichten gemäß der Vereinbarung bis zum 4. Februar 2014 stehen. Nun gilt es den Ratsbeschluss abzuwarten, der am 10. April 2014 vom Rat der Stadt gefasst wird. Eine weitere und noch detaillierte Entwicklung ist mit hohen Kosten verbunden, die ein Risiko darstellen können, solange keine Rechtssicherheit herrscht.
Die Beteiligten danken der Stadt und der Arbeitsgemeinschaft Post/Welters + Pohlmann, die durch Vorarbeit, fachliche Unterstützung sowie Workshops den Interessenten das Projekt näher gebracht haben. Der Ablaufplan kann im Beitrag "Neue Wohnformen" eingesehen werden.
Interessierte Menschen und Familien sind herzlich eingeladen, sich dem Projekt anzuschließen. Auch Investoren sind willkommen.
Die Wohngruppe Speldorf sucht noch nach Gleichgesinnten. (Foto: Kaiserberg Studios)
Weitere Informationen über die Projektgruppe in Heißen erhalten Sie per E-Mail über Frank Peylo. Informationen über die Wohngruppe Speldorf können Sie auf der Internetseite www.anders-wohnen-in-speldorf.de einsehen. Allgemeine Informationen über die bundesweite Initiative „Mehrgenerationenhäuser“ hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zusammengestellt. Informationen zur Arbeitsgemeinschaft Architekturbüro Post-Welters/Birgit Pohlmann erhalten Sie auf der Internetseite W.I.R. e.V.
Kontakt
Stand: 19.03.2014
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