Archiv-Beitrag vom 06.07.2017Bildungskonferenz stieß auf großes Interesse
Thema "Gewaltbereiter Salafismus - Präventionsansätze für Schule und Jugendhilfe"
Wie geht man damit um, wenn ein Schüler Druck auf Mitschüler ausübt, weil sie seine religiösen Ansichten nicht teilen? Wenn erste Tendenzen zur Radikalisierung erkennbar werden? Gut 180 Pädagogen und Mitarbeitende von Bildungseinrichtungen informierten sich bei der Bildungskonferenz 2017 über Präventionsansätze in der Stadthalle.
Fotos: Walter Schernstein
Kaum ein Thema hat den Diskurs um Islam in Deutschland in den letzten zwei Jahren so sehr bestimmt wie der Salafismus. Mit steigenden Anhängerzahlen ist diese Bewegung die am schnellsten wachsende Strömung innerhalb des radikalen Islam.
Unter den 4,5 Millionen Muslimen in Deutschland machen fundamentalistische Salafisten nur einen verschwindend geringen Anteil aus. Das besorgniserregende an dieser Form des Salafismus sind aber seine Auswirkungen: Die zahlreichen Terroranschläge in der jüngsten Vergangenheit verdeutlichen, welchen Weg radikalisierte Menschen im Extremfall einschlagen können. Zudem beschäftigen uns Berichte über Jugendliche - auch aus dem Ruhrgebiet - die sich der Terrormiliz des sogenannten "Islamischen Staats" anschließen.
Aufklärungsarbeit und gute Vernetzungs- und Kooperationsstrukturen aller Beteiligten sind notwendig, um mit dem Thema angemessen umzugehen. Erst im Zusammenspiel der verschiedenen Kompetenzen und Zuständigkeiten kann die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen auch in Mülheim an der Ruhr verhindert werden. Signale der Radikalisierung rechtzeitig erkennen und reagieren, ist eine wesentliche Herausforderung für Eltern als auch Fachkräfte aus dem Bildungssystem. Die Frage, wie Schulen und Jugendeinrichtungen dieser Herausforderung begegnen können - genau an dieser Stelle hat die die Bildungskonferenz in diesem Jahr versucht anzusetzen. Ob Eltern, Fachkräfte oder die Jugendlichen selbst, niemand soll mit dem sensiblen Thema allein gelassen werden.
Die Veranstaltung des Kommunalen Integrationszentrum im Februar diesen Jahres mit Lamya Kaddor hat das Thema bereits angestoßen. Die Bildungskonferenz sollte den Raum geben die Vernetzung und den Diskurs in Mülheim an der Ruhr zu vertiefen und Fachkräfte zu informieren. Dabei bot die Konferenz kein fertiges Konzept für den Umgang mit dem gewaltbereiten Salafismus. Sie gab Orientierung für die praktische Arbeit und regte zur Weiterarbeit an dem Thema an.
Oberbürgermeister Ulrich Scholten dankte in seiner Begrüßung dem Bildungsbüro und allen teilnehmenden Akteuren für ihr Engagement: "Gewaltbereiter Salafismus - Wir tun etwas dagegen!... zum Beipiel mit der diesjährigen Bildungskonferenz. Hier werden Sie umfassend über Präventionsansätze informiert, können sich über ihre Erfahrungen und Sorgen austauschen und erhalten Hilfestellung im Umgang mit diesem sensiblen Thema."
Den Hauptvortrag zum "Gewaltbereiten Salafismus in Deutschland" hielt der Islamwissenschaftler Elhakam Sukhni, der sich an der Universität zu Köln in seiner Dissertation mit den ideologischen Grundlagen dschihadistischer Bewegungen auseinandersetzt. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter lehrte und forschte er am Institut für Islamische Theologie (IIT) der Universtität Osnabrück und beschäftigt sich in weiteren Lehraufträgen sowie Vorträgen und Schulungen unter anderem mit dem politischen Islam, Dschihadismus, sogenanntem "Neo-Salafismus" und antimuslimischem Rassismus. Heute arbeitet Sukhni für die Stadt Wuppertal in der Extremismus-Prävention und Deradikalisierung und ist im Ältestenrat des RAMSA e.V. (Rat muslimischer Studierender und Akademiker) sowie im Vorstand der Christlich-Islamischen Gesellschaft.
Deniz Kaynak-Atas arbeitet für ufuq.de und hielt das Impulsreferat "Salafistische Ansprache von Jugendlichen - Was macht sie attraktiv und wie kann man ihr begegnen" im Festsaal der Stadthalle. Der Verein ufuq.de - "ufuq" ist arabisch und heißt "Horizont" - arbeitet an der Schnittstelle von politischer Bildung, Pädagogik, Wissenschaft und politischer Debatte. Ufuq.de infomiert, berät und bemüht sich um Alternativen zu den aufgeregten Debatten um "Parallelgesellschaften", religiös begründete Radikalisierung und eine vermeintliche Islamisierung Deutschlands. "Wie wollen wir leben?" ist eine der Leitfragen für den Verein, dem sich auch Deniz Kaynak-Atas in ihrer Arbeit widmet. Sie ist ausgebildete Organisationsberaterin und Coach und bietet als Trainerin Fortbildungen im Bereich Diversitiy Management und interkulturelle Sensibilisierung an.
v.l.n.r.: Bildungsdezernent Ulrich Ernst, Oberbürgermeister Ulrich Scholten, Deniz Kaynak-Atas und Elhakam Sukhni.
Wie können Pädagogen, Eltern und Freunde die Entwicklung erkennen? - Akteure stellen sich vor!
Im Anschluss hatten die Teilnehmenden Gelegenheit im Rahmen einer Präventionsmesse mit unterschiedlichen Akteuren in Kontakt zu treten.
"Fachkräfte sollen keine Angst haben, das Thema anzusprechen. Sie sollen hier auf der Bildungskonferenz konkrete Ansprechpartner kennenlernen, die helfen, wenn sie Sorgen haben. Kontakte zu Experten, Wissen und Orientierung sind wichtig!", so Brita Russak, Leiterin des Bildungsbüros.
Kontakt
Stand: 06.07.2017
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