Archiv-Beitrag vom 14.02.2014Deutsche Meisterschaft im Hallenhockey
Endlich. Laut Duden bezeichnet das Wort (meist emotional) das Ende einer als lang empfundenen Wartezeit. Am vergangenen Wochenende hatte es im Westen der Republik nach der Deutschen Hallenhockeyendrunde in Hamburg Hochkonjunktur. Uhlenhorst Mülheim schlug Rot-Weiß Köln im Finale mit 7:5 und holte nach 17 Jahren Abstinenz vom Hockeythron einen Deutschen Meistertitel. Endlich hatte der HTC Uhlenhorst aus Mülheim wieder den „Blauen Wimpel“ in die Ruhrstadt geholt. Endlich hatte er ein Finalspiel gewonnen. Endlich sah sich der Club in seinem Konzept, auf Eigengewächse und Jugendarbeit zu setzen, bestätigt. Endlich konnte es das Team ihren Idolen der „Jahrhundertmannschaft“ des Vereins gleichtun. Endlich durfte gefeiert werden. Endlich Deutscher Meister.
Uhlenhorst Mülheim, das stand während des vergangenen Jahrhunderts in zwei Hochphasen des Clubs für das Maß aller Dinge im Vereinshockey. Der Traditionsclub gewann nationale Meisterschaften am Fließband – insgesamt 17 Titel und ist somit Rekordsieger. Zwischen 1988 und 1996 setzten sich die Uhlen zudem die europäische Krone neun Mal in Folge auf. Der HTCU profitierte von einem schier unermesslichen Pool an Ausnahmespielern. Carsten Fischer, Sven Meinhardt, Andreas Becker, Jan Peter Tewes, um nur die Olympiasieger von 1992 zu nennen, waren wie das restliche Team Mülheimer Eigengewächse und führten die goldene Generation der 80er und 90er an. Dann der Cut: 1997 gewannen die Grün-Weißen ihren vorerst letzten Titel, vor 17 Jahren.
Abrutsch in die Zweitklassigkeit
Eine Durststrecke mit zwei bitteren Abstiegen in die zweite Bundesliga, an die sich der Routinier im heutige Team, Jan Gehlen, gut erinnern kann. „Uns fehlte die Qualität nach dem Wegbrechen der Etablierten. Das war nicht aufzufangen“, blickt der seit 1999 in der Ersten Herrenmannschaft spielende Gehlen zurück. Der Abwehrspezialist war ein Spieler der neuen Generation am HTCU. In der Jugend nicht minder erfolgreich als ihre Vorgänger, war der Schritt für die jungen Nachwuchsspieler in die sofortige Verantwortung zu groß. Uhlenhorst Mülheim verschwand in den unteren Tabellenregionen, stieg 2003 und 2005 jeweils aus der Bundesliga ab. Der Club baute weiter auf Talente, blieb auch fortan mit den Jugendteams deutsche Spitze. Aber nun verließen auch einige Nachwuchstalente den Verein. So dauerte es viele Jahre, bis sich die Mülheimer Herren wieder fingen. Jan Gehlen war bei diesem Prozess eine, wenn nicht die Konstante im Uhlenhorst.
Geschlossene Teamleistung bringt Erfolg
Bei der diesjährigen Hallen-Meisterschaft in der Hansestadt gab es viele Väter des Erfolgs. Der Kapitän und Olympiasieger von 2012 Thilo Stralkowski wurde zum besten Spieler gewählt, führte das Team. Torwart Felix Reuß war ein sicherer Rückhalt. Und an der Seitenlinie zogen die Trainer André Henning und Arndt Herzbruch die Fäden. Die Liste ließe sich problemlos fortsetzen. Gehlen als dienstältester Feldspieler weiß aber wie kein Zweiter den Erfolg zu genießen, eben weil er so lange warten musste. Kurioserweise wäre er fast nicht dabei gewesen. Mit 32 Jahren wollte er eigentlich unterm Hallendach kürzer treten. „Die Arbeit im elterlichen Betrieb beansprucht mich immer mehr und auch der Körper forderte eine Auszeit“, erklärt Gehlen seine Überlegung, eine Pause einzulegen. Da aber viele Nationalspieler immer wieder fehlten, ließ er seine Mannschaft einmal mehr nicht hängen.
Club hielt an Überzeugung fest
„Den eigenen Nachwuchs zu fördern, das ist nicht nur eine Aufgabe, das ist Clubphilosophie“, erklärt Präsident Christian Häbel stolz die Art und Weise des neuerlichen Erfolgs. Ebenso wie der restliche Vorstand ist Häbel von Kindheit an Vereinsmitglied und fiebert seit über zehn Jahren als Cluboberhaupt mit. Auch die jetzige Erste Herrenmannschaft ist überwiegend in Mülheim groß geworden. Herren-Co-Trainer und Chef-Ausbilder Herzbruch führt Jahr für Jahr Talente an den Herrenbereich heran. André Henning hatte das Duell mit dem Finalgegner Rot Weiß Köln vor einigen Jahren treffend einmal als „Kampf der Systeme“ bezeichnet: Auf der einen Seite der Ruhrstadt-Club mit dem Kader aus der eigenen Jugend, auf der anderen die Domstädter, die immer wieder Spieler anderer Clubs verpflichten. Laufend trafen die beiden West-Vereine aufeinander. Viertelfinale, Halbfinale und Endspiele – Rot-Weiß schien im entscheidenden Moment die Nase vorn zu haben. Nemesis der Grün-Weißen. Die Liste der Nackenschläge ist lang. Allein 2013 hatte das Team auf dem Feld gegen Köln und in der Halle gegen Harvestehude Hamburg (HTHC) jeweils das Finale um die Deutsche Meisterschaft verloren.
Aus Niederlagen Kraft gezogen
„Kein Sieger-Gen!“, „Finalangst!“, „Vize-Mülheim!“ – die Uhlenhorster mussten sich einiges gefallen lassen. „Die Mannschaft hat sich nie von den vielen Rückschlägen unterkriegen lassen. Die Jungs haben hingegen immer noch mehr Willen und Nachdruck entwickelt“, ist Trainer Henning beeindruckt vom Charakter der Mannschaft. Und egal wie groß die Enttäuschungen waren, auf eines war für die Mannschaft immer Verlass: Die Uhlenhorster Fans. Eltern, Freunde, hockeybegeisterte Vereinsmitglieder und die gesamte Jugendabteilung reisten immer mit. Von Endrunde zu Endrunde, sie sahen Niederlage um Niederlage, Jahr um Jahr. So dankte Kapitän Stralkowski ihnen im Erfolg als Erstes. Sogar die eigenen Idole, denen das Team im Kindesalter selbst noch zugejubelt hatte, waren übrigens immer dabei. Auch sie standen jahrelang hinter Stralkowski, Gehlen, Henning und Co. Letztes Wochenende erstmals im Falle des großen Erfolgs. Nach 17 Jahren wieder Deutscher Meister. Endlich!
Stand: 14.02.2014
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