Archiv-Beitrag vom 21.07.2015MINIjob - MAXInutzen?
Dialogveranstaltung zeigte verschiedene Perspektiven von Frauen in Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse auf
Das Kompetenzzentrum Frau und Beruf MEO lud Unternehmerinnen und Unternehmer sowie alle Interessierte ein zur Dialogveranstaltung am 18. Juni 2015 im ComIn Genius des Bfz Essen e.V. in Essen.
Mini- und Teilzeitjobs sind beliebt bei Beschäftigten und bei Unternehmen. Insbesondere bei den weiblichen Beschäftigten. Als (Wieder-)Einstiegsmöglichkeiten insbesondere von Frauen genutzt, stellt sich jedoch die Frage, ob solche Arbeitszeitmodelle als Sprungbrett dienen oder doch in eine Sackgasse führen. Viele Frauen wollen mehr!
Auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber schätzen insbesondere Minijobs wegen des geringen Verwaltungsaufwand und der scheinbaren finanziellen Vorteile. Aber ist das auch tatsächlich so?
Diesen Fragen sind wir auf unserer Dialogveranstaltung nachgegangen. Jutta Schmitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) in Duisburg beleuchtete in ihrem Impulsvortrag zunächst die ursprüngliche Idee von Minijobs. Ziel der Neuregelung aus dem Jahr 2003 war es, eine unbürokratische Nebenverdienst- und Hinzuverdienstmöglichkeit zu schaffen und Schwarzarbeit zu bekämpfen. Außerdem sollte eine Brücke in reguläre, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für Frauen nach einer Auszeit entstehen. Letzteres ist insbesondere aus heutiger Sicht nicht eingetreten. Auch wenn der Minijob für bestimmte Beschäftigte (Studierende, Rentnerinnen und Rentner, Saisonbeschäftigte etc.) ein sinnvolles Arbeitsmarktinstrument ist, stellt er eine Fehlorientierung im Bereich der Frauenbeschäftigung dar. Falsche Anreize zur Eingrenzung der Arbeitszeit-und des Einkommensniveaus werden gesetzt und damit ein hoher Humankapitalverlust in Kauf genommen. Ebenso kann bezüglich der viel gepriesenen Flexibilität im Zusammenhang mit Minijobs gesagt werden, dass diese nur besteht, weil regelmäßig arbeitsrechtliche und kollektivvertragliche Regelungen (Urlaubsanspruch, Entgelt im Krankheitsfall, Weiterbildung etc.) von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ignoriert beziehungsweise nicht eingehalten werden. Es gilt also grundlegend über eine Reform des Minijobs nachzudenken!
Zusätzlich wurden auf der Dialogveranstaltung verschiedene Sichtweisen und Erwiderungen zum Thema „Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse“ herausgearbeitet. Hier einige O-Töne aus der Veranstaltung:
- „Es gibt durchaus Lebenssituationen, in denen ein Minijob eine passende Beschäftigungsform ist, z.B. während der Rente oder im Studium.“
- „Der Minijob ist eine Option: Wenn alle Beteiligten fair miteinander umgehen, wenn sie wissen, was sie tun und alle wissen, dass der Minijob eine Option für gewisse Lebensphasen ist.“
- „Das Arbeitsrecht gilt genauso für Minijobs. Das wissen nur die wenigsten.“
- „Qualifizierung und Weiterbildung findet im Minijob so gut wie gar nicht statt.“
- „Die Verfestigung der Armut über den Lebensverlauf nimmt zu. Insbesondere bei Frauen.“
- „Lebenslanges Arbeiten an sich reicht für Frauen für die Altersvorsorge nicht mehr aus. Es kommt immer auf den Umfang und die Bezahlung der Arbeit an.“
- „Minijobberinnen machen oftmals die Arbeit zweiter Klasse. Sind aber nicht wegzudenken, wenn es um Arbeitsspitzen geht.“
- „Die Zeit arbeitet für uns. Wenn der Fachkräftemangel wirklich ankommt, wird sich vieles verändern.“
- „Wo sind die Stellschrauben in den Unternehmen? Welche Argumente sind erfolgsversprechend? Allein der Appell an die gesellschaftliche Verantwortung reicht nicht. Die Argumentation in Unternehmen muss auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen.“
Veranstaltung mit vielen Impulsen
Es konnte im Gespräch mit Beschäftigen und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern festgestellt werden, dass es durchaus Lebensphasen bei Beschäftigten gibt, in denen die Ausübung eines Minijobs vorteilhaft ist, vorausgesetzt, die Rechte von Beschäftigten gelten tatsächlich auch für Minijobberinnen. Auch für Unternehmen ist diese Form der Beschäftigung zum Beispiel in Zeiten von Auftragsspitzen positiv. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass der Minijob keine dauerhafte Beschäftigungsform sein kann, insbesondere wenn es um die Themen Altersarmut bei Arbeitnehmerinnen und dem voranschreitenden Fachkräftemangel geht. Die vorhandenen Potentiale müssen gefördert und genutzt werden. Dies ist für beide Seiten – für die Frauen als auch für die Unternehmen – eine Win-Win-Situation.
Insgesamt war dies eine anregende Veranstaltung für alle Beteiligten mit vielen Impulsen. Sie zeigte: Minijobs können ein gutes Arbeitsmarktinstrument für bestimmte Lebensphasen und Beschäftigte sei. Grundsätzlich sollte/muss aber eine fundamentale Reform angestrebt werden, da Minijobs große Risiken für Beschäftigte, aber auch für ArbeitgeberInnen mit sich bringen.
Bei weiteren Anregungen oder Fragen wenden Sie sich an Martina Brandt, Kompetenzzentrum Frau und Beruf MEO, Telefon: 0201/1892333, E-Mail: competentia.brandt@regionalagentur-meo.de.
Die Einladung mit dem Ablauf zur Dialogveranstaltung ist zum Nachlesen als pdf-Datei beigefügt.
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Stand: 21.07.2015
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