Archiv-Beitrag vom 19.03.2012Verboten und verfolgt
Jagd auf die Moderne. Verbotene Künste im Dritten Reich.
VR und Kunstmuseum Mülheim eröffnen „Jagd auf die Moderne. Verbotene Künste im Dritten Reich.“
Eine einzigartige Zusammenstellung von 180 Werken zeigt nun die Ausstellung „Jagd auf die Moderne“. Verbotene Künste im Dritten Reich“, die der Landschaftsverband Rheinland (LVR), das Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr und das International Cultural Center (ICC), Krakau am Samstag, 17. März eröffnet hat.
Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld dankte den Organisatoren für ihr Engagement. "Ohne eine Vielzahl von Akteuren wäre diese international Aufsehen erregende Präsentation von einstmals „Verbotener Kunst“ nicht zustande gekommen", so die Oberbürgermeisterin. "Jene Werke nun im Rahmen einer so beispielhaften deutsch-polnischen Kooperation auszustellen, ist insofern ein wichtiger Beitrag, KünstlerInnen und ihre Werke in Erinnerung zu behalten, die das nationalsozialistische Deutschland eigentlich aus unserem kulturellen Gedächtnis getilgt haben wollte. Deshalb wünsche ich der Ausstellung viele interessierte Besucher und Besucherinnen – auf dass die hier gezeigten Werke jenes tun, weshalb sie im „Dritten Reich“ gerade verboten waren: zum Denken anregen!"
Die gesamte Eröffnungsrede von Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld können Sie in der Datei zum Kontext nachlesen.
Werke bildender Kunst, Literatur und Musik verweisen auf das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte, welches mit der Machtergreifung Hitlers 1933 begann. Die Exponate in ihrer Vielfalt verbindet, dass sie aufgrund ihrer modernen Ausdrucksformen und die Künstler wegen ihrer ethnischen Herkunft oder politischen Gesinnung nicht dem ästhetischen und ideologischen Bild der Nationalsozialisten entsprachen. Die Künste galten als „entartet“ – ihre kreativen Erschaffer indes wurden öffentlich diffamiert, gejagt, vertrieben und ermordet, darunter Emil Nolde, Rudolf Belling, Anna Sehers, Otto Freundlich und Lion Feuchtwanger.
Doch nicht nur Werke deutscher Kunstschaffender wurden nach nationalsozialistischen Maßstäben selektiert. Während der Okkupation wiederfuhr auch polnischen Künstlern dieses Schicksal – auch ihre Werke zeigt die Ausstellung, die bis vor wenigen Wochen noch im ICC zu sehen war. Sie verdeutlicht mithin die Struktur der nationalsozialistischen Kulturpolitik und ihrer verheerenden Auswirkungen auf die Kultur beiden Länder sowie die Lebensläufe der präsentierten Künstlerinnen und Künstler.
„Der LVR versteht die ‚Jagd auf die Moderne‘ als aktiven Beitrag zum Polen-NRW-Jahr“, erklärte Milena Karabaic, LVR-Dezernentin Kultur und Umwelt. „Eine Ausstellung, welche dieses Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte zum Thema hat, und die in Zusammenarbeit mit einem polnischen Partner entstanden ist, kann nie nur eine Ausstellung über die Situation allein in Deutschland sein. Sie muss immer die Situation in Polen und in Europa einbeziehen und ist somit höchst aktuell. Ich bin sicher, dass sie dazu beiträgt, Geschichte im Dialog aufzuarbeiten, Verantwortung zu übernehmen und den zukünftigen Diskurs gemeinsam zu gestalten“.
"Besondere Aufgabe und Herausforderung"
„Das Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr mit seiner bedeutenden Sammlung zur Klassischen Moderne ist die einzige deutsche Station dieser interdisziplinär ausgerichteten Ausstellung“, so Dr. Beate Reese, Direktorin des Mülheimer Museums. „Wir sehen es als besondere Aufgabe und Herausforderung an, diese Ausstellung mit Leihgaben auch aus polnischen Museen anschaulich einer jüngeren Generation zu vermitteln. Das Interesse an der Ausstellung und unserem Zeitzeugenprojekt ist bereits jetzt sehr groß.“
Zu „einer der zehn wichtigsten Ausstellungen 2011“ zählte die polnische Zeitschrift „Polityka“ – vergleichbar mit dem „Spiegel“ - die „Jagd auf die Moderne“. „Mehr als 10.500 Besucherinnen und Besucher kamen in unser Haus“, so Prof. Dr. Jacek Purchla, Direktor des ICC. „Wir konnten dem polnischen Publikum nicht nur die Errungenschaften deutscher Kunst des 20. Jahrhunderts näherbringen, sondern zugleich auch das tragische Kapitel der Kulturgeschichte beider Länder unter den Nationalsozialisten aufzeigen.“
Judith Schönwiesner, LVR-Kuratorin des Projektes: „Über die Aufarbeitung unserer Geschichte hinaus, darf nicht vergessen werden, dass auch im 21. Jahrhundert noch immer Künstler um ihr Leben fürchten müssen, weil ihre Arbeiten nicht dem gewünschten staatlichen Ideal entsprechen. Es wäre wünschenswert, wenn es die Ausstellung schafft, den Blick zu schärfen für die Unterdrückungsmechanismen totalitärer Systeme. Dass ein Weiterdenken provoziert und das Recht auf den freien Ausdruck im Bewusstsein gehalten wird. Nur so wird es möglich sein, aus der Vergangenheit zu lernen, heutige Strömungen diktatorischer Politik zu erkennen und die Stimme für die Opfer dieser Systeme zu erheben“.
Die Ausstellung ist vom 18. März bis 28. Mai 2012 im Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr zu sehen. Der Eintritt kostet 4 Euro, ermäßigt 2 Euro.
Zur Ausstellung ist ein dreisprachiger Katalog erschienen.
Weitere Infos unter www.jagdaufdiemoderne.lvr.de
Kontakt
Kontext
- Historischer Kontext, Idee und Konzept zur Ausstellung Jagd auf die Moderne (Dateigröße: 58 KB/-typ: pdf)
- Liste der Leihgeber zur Ausstellung (Dateigröße: 39 KB/-typ: pdf)
- Rede der OB zur Eröffnung der Ausstellung Jagd auf die Moderne. Verbotene Künste im Dritten Reich am 17.3.2012 (Dateigröße: 51 KB/-typ: pdf)
Stand: 20.03.2012
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