Archiv-Beitrag vom 01.07.2013"Lebenssituation von Alleinerziehenden"
Schulung angehender Erzieher am Berufskolleg Stadtmitte
Zum wiederholten Mal fand auch in diesem Jahr eine Schulung zur „Lebenssituation von Alleinerziehenden“ in zwei Klassen von angehenden Erzieherinnen und Erziehern am Berufkolleg Stadtmitte statt. Die Schülerinnen und Schüler wurden in einer Doppelstunde über die Lebenssituation von Alleinerziehenden in der Region Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen informiert und sensibilisiert.
In einzelnen Arbeitsgruppen beschäftigten sie sich intensiv mit einzelnen Fragestellungen und Problemlagen von Alleinerziehenden und erarbeiteten dazu gemeinsam mögliche Lösungswege. Im Ergebnis sollen Erzieherinnen und Erzieher in ihrem späteren Berufsalltag lernen, die Problemlagen der Alleinerziehenden besser zu verstehen und diese zielgerichtet zu unterstützen. „Nur wer über die Lebenslagen von Eltern und Kindern das notwendige Faktenwissen hat, kann später bei pädagogischen Fragen und organisatorischen Herausforderungen angemessen handeln. Insofern macht es Sinn, eine solche Unterrichtseinheit regelmäßig für angehende Erzieherinnen und Erzieher anzubieten“, so Antje Buck, Gleichstellungsbeauftragte.
(Foto: Walter Schernstein)
Rückblick
Das Projekt „MEO für Alleinerziehende“ hat 2012 einen Unterrichtsablaufplan für angehende Erzieherinnen und Erzieher entwickelt, um diese über die Lebenssituation von Alleinerziehenden in der Region Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen zu informieren und sie zu sensibilisieren. Eine erste Schulung fand im Juni 2012 in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle am Berufskolleg Stadtmitte in Mülheim statt. Weitere Schulungen wurden in Oberhausen und in Essen durchgeführt. Das Projekt „MEO für Alleinerziehende“ ist seit April 2013 ausgelaufen. Nach der ersten Schulung 2012 waren sich alle Beteiligten einig, das dies keine „Eintagsfliege“ bleiben soll. In Kooperation zwischen der Gleichstellungsstelle und dem Berufskolleg Stadtmitte wird diese Schulung nun jährlich durchgeführt.
Die Lebenssituation Alleinerziehender in der Region Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen
Eine Analyse auf der Grundlage statistischer Daten und Interviews in den Städten Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen im Rahmen des Bundesprogramms
„Netzwerke wirksamer Hilfen für Alleinerziehende"
(Kurzzusammenfassung Stand: April 2012)
Das Analysepapier ist der Frage nachgegangen, wie die Lebenssituation für Alleinerziehende in der Region Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen (Region MEO) aussieht.
Hierzu wurden zum einen Daten aus den Städten, der Agentur für Arbeit und des Landes Nordrhein-Westfalen ausgewertet und zum weiteren die zentralen Ergebnisse aus Interviews mit Alleinerziehenden und mit Institutionen beziehungsweise Einrichtungen, die Dienstleistungen für Alleinerziehende bereit halten, zusammen gefasst.
Folgende zentrale Aussagen lassen sich zur Lebenssituation Alleinerziehender in der Region MEO treffen:
- In der Region leben insgesamt 23.000 Alleinerziehende
- Jeder dritte Haushalt mit Kindern wird durch ein/e Alleinerziehende/n geführt.
- 90% der Alleinerziehenden sind Frauen.
- Jedes vierte Kind wächst in einem Alleinerziehenden-Haushalt auf.
- 60% der Alleinerziehenden sind erwerbstätig.
- Alleinerziehende sind sehr stark von relativer Armut betroffen; jeder/e dritte Alleinerziehende/er verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.100 Euro.
- Alleinerziehende und ihre Kinder befinden sich weitaus häufiger in einer finanziell prekären Situation als Paare mit Kindern.
- Ungefähr die Hälfte aller Alleinerziehenden bezieht Transferleistungen nach SGB II(bundesdeutscher Trend: 42%!).
- Fast 32.000 Personen aus Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaften erhalten Leistungen nach SGB II in der Region.
- Alleinerziehende SGB II Transferleistungsbezieher/innen sind überproportional weiblich, jung, mit geringem oder ohne Schul- und Berufsabschluss.
- Zwei Drittel der Alleinerziehenden in SGB II Bezug haben keinen Schulabschluss oder einen Hauptschulabschluss.
- Zwei Drittel der Alleinerziehenden in Essen und Oberhausen erhalten zwei Jahre und länger Transferleistungen, in Mülheim an der Ruhr ist es ungefähr die Hälfte der Alleinerziehenden.
- 19.000 Kinder aus Alleinerziehenden-Haushalten erhalten Leistungen nach SGB II; das sind fast 60% aller in Alleinerziehenden-Haushalten lebenden Kinder.
- 70% der arbeitslosen Alleinerziehenden verfügen über keine abgeschlossene Berufsausbildung.
- Zentrale Handlungsfelder für Alleinerziehende sind die finanzielle Situation, die soziale Unterstützung, die Kinderbetreuung, die Bildung/Ausbildung und die Einbindung von Unternehmen.
Das besondere Kennzeichen von Alleinerziehenden ist, dass es sich insgesamt um eine sehr heterogene Gruppe handelt. Sie verfügen über unterschiedliche Bildungs- und Berufsabschlüsse und die Teilhabe am Erwerbsleben variiert sehr stark. Dies hat unmittelbare und nachhaltige Auswirkungen sowohl auf ihre Finanzkraft als auch auf ihr physisches und psychisches Wohlbefinden (unter anderem Gesundheit, Wohnraum, Freizeitverhalten und so weiter). Hinzu kommt, dass sich die sozio-ökonomische Situation dieser Ein-Eltern-Familien direkt auf die Kinder und deren soziale und kulturelle Teilhabe in der Gesellschaft überträgt. So sehr Unterschiede festzumachen sind, lassen sich auch gemeinsame Anforderungen erkennen, die Alleinerziehende zu bewältigen haben. Sie sind in der Regel allein verantwortlich für die Einkommenssicherung der Familie, für die Betreuung, Pflege und Erziehung der Kinder, für die komplette Haushaltsführung sowie für soziale Kontakte und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Aus diesen Gründen sind Alleinerziehende in besonderem Maße abhängig von informellen und formellen Hilfestrukturen.
Aus den Ergebnissen der Interviews mit Alleinerziehenden und Institutionen wurde deutlich, dass die Bereitstellung ausreichender Plätze der Kinderbetreuung der zentrale Dreh- und Angelpunkt ist, um Alleinerziehende in (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit zu bringen oder zu halten, ihnen einen beruflichen (Wieder-)Einstieg zu ermöglichen oder sie als erwerbsfähige Arbeitslose aus der Abhängigkeit von Transferleistungen zu bringen. Dabei wird nicht nur der quantitative Ausbau betont, sondern auch die weitere Optimierung der Qualität in den Einrichtungen (z.B. hinsichtlich pädagogischer Konzepte, Ferienöffnungszeiten, Sport- und musikalische Angebote, Flexibilität und mehr).
Als weiteres Handlungsfeld sehen die Befragten in der Einrichtung zentraler Anlaufstellen für Alleinerziehende in den Städten. Diese könnten nachhaltig bewirken, dass Alleinerziehende im Sinne eines "One-Stop-Services" passgenaue Informationen erhalten und die Unterstützungsleistungen miteinander vernetzt werden.
Zentrale Ergebnisse für Mülheim an der Ruhr:
- Es gibt 3.200 Alleinerziehende, das heißt jeder fünfte Haushalt mit Kindern wird durch eine/n Alleinerziehende/n geführt.
- 91,2 % der Alleinerziehenden sind weiblich.
- Fast 5.000 Kinder leben in Haushalten Alleinerziehender, das ist fast jedes fünfte Kind. Höchste Anteile in der Alterskategorie der 10 bis unter 15-jährigen.
- Im Stadtbezirk Altstadt II leben in absoluten Zahlen die meisten Alleinerziehenden, in Menden-Holthausen die wenigsten. Überdurchschnittliche Anteile Alleinerziehenden sind in den Stadtteilen Altstadt I, Styrum und Broich zu verzeichnen.
- Mit einem Anteil von 56,5% erhalten über die Hälfte der Alleinerziehenden Leistungen nach SGB II, somit liegt Mülheim an der Ruhr weit über dem bundesdeutschem Trend von 42%.
- Knapp 5.000 Personen aus Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaften erhalten Leistungen nach SGB II.
- Knapp 3.000 Kinder erhalten Leistungen nach SGB II, das sind 60% aller in Alleinerziehenden-Haushalten lebenden Kinder.
- Die Hälfte der Alleinerziehenden, die Transferleistungen beziehen, erhalten diese zwei Jahre und länger.
- Arbeitslose Alleinerziehende: 40% verfügen über keinen Schulabschluss und über 80% über keinen Berufsabschluss.
Hier erhalten Sie weitere Informationen zum Projekt "MEO für Alleinerziehende“.
Kontakt
Stand: 02.07.2013
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