Archiv-Beitrag vom 28.08.2015Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen
Beigeordneter Ulrich Ernst und Stadtkämmerer Uwe Bonan informieren:
Stand: 28.8.2015
1. Entwicklung der Flüchtlingszahlen und der Unterbringungssituation
Bereits seit dem Jahr 2014 steigt die Zahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, kontinuierlich an. Diese Menschen kommen auch nach Deutschland und werden nach dem Berechnungsmodus des sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ (Bevölkerungszahl, Steueraufkommen) auf die Bundesländer verteilt. Die Bundesländer sind im Rahmen der Erstunterbringung für die Registrierung und sonstige Versorgung der Menschen zuständig und weisen sie im weiteren Verlauf den Städten zur Unterbringung und Versorgung auf kommunaler Ebene zu. Von den Menschen, die im Land Nordrhein-Westfalen (NRW) als Flüchtlinge ankommen, wird wiederum rund 1 % nach Mülheim an der Ruhr zugewiesen.
Um der Pflicht zur Unterbringung und Versorgung der Menschen nachkommen zu können, erstellt die Verwaltung fortlaufend Prognosen für die zu erwartende Zahl von Zuweisungen. Diese kommunale Prognose beruhte zunächst auf der Prognose des Bundes, dass in 2015 300.000 Antragsteller nach Deutschland kommen. Im 1. Halbjahr 2015 hat sich die Zahl der Zuweisungen von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Mülheim auch entsprechend der Anfang 2015 aufgestellten Prognose entwickelt:
Zu Beginn des Jahres 2015 waren 733 Asylbewerber und Flüchtlinge in kommunaler Verantwortung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) untergebracht. Am 30. Juni 2015 waren es 953.
Wäre die Prognose von 300.000 Antragstellern weiterhin zutreffend gewesen, hätte Mülheim bis Ende 2015 mit einer Zahl von 1.200 Flüchtlingen rechnen müssen.
Diese Prognose des Bundesinnenministers wurde im Mai 2015 jedoch auf 450.000 Antragsteller erhöht. Am 19. August 2015 gab es vom Bundesinnenminister wiederum eine neue Prognose, die nunmehr von 800.000 Antragstellern ausgeht. Rechnet man diese Prognose auf Mülheim um, folgt daraus eine Steigerung von 733 Menschen nicht wie ursprünglich angenommen auf 1.200, sondern auf 2300 Menschen. Das bedeutet, von Anfang 2015 bis Ende des Jahres 2015 rechnen wir für Mülheim statt mit 450 nun mit 1600 neuen Flüchtlingen. Von diesen 1600 insgesamt neuen Flüchtlingen kommen 1200 allein im zweiten Halbjahr 2015.
In Mülheim an der Ruhr wurden Asylsuchende und Flüchtlinge bislang möglichst in Wohnungen untergebracht (aktuell 238 Wohnungen). Dies sind insbesondere Wohnungen in städtischen Unterkünften (39 / 16%), Wohnungen von SWB (144 / 61%), Wohnungen von MWB (22 / 9%), Wohnungen von anderen Wohnungsgesellschaften und privaten Vermietern (33 / 14 %).
Durch die steigende Zahl der Menschen konnte das Konzept der Wohnungsunterbringung seit April 2015 nicht mehr durchgängig umgesetzt werden: Rund 80 Menschen wurden daher interimsweise einem ehemaligen Grundschulgebäude am Fünter Weg untergebracht.
Planungen für Notunterkünfte (zweite Jahreshälfte 2015)
Die aktuelle Entwicklung erfordert jedoch für den Rest des Jahres 2015 eine völlige Neubewertung der kommunalen Handlungsoptionen. In den nächsten Wochen und Monaten wird es bei der Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen vorrangig um die „Vermeidung von Obdachlosigkeit“ gehen.
Neben die bewährten Vorgehensweisen (weiterhin Akquise von Wohnungen usw.) müssen völlig neue Maßnahmen treten.
In einem ersten Schritt wurde daher per Dringlichkeitsbeschluss am 26. August 2015 entschieden, die ehemalige Schulanlage am Wenderfeld für die Unterbringung von rund 90 Flüchtlingen zu nutzen. Der Rat der Stadt hatte im Dezember 2014 die Auflösung der Peter-Härtling-Schule beschlossen und mit Beschluss aus Mai 2015 den Verkauf des Schulgrundstückes für eine Nachnutzung (KiTa, Wohnbebauung) bewilligt. Dieser Beschluss hat auch weiterhin Gültigkeit. Um aber sehr kurzfristig weitere Unterkünfte schaffen zu können, soll das ehemalige Schulgebäude bis Sommer 2017 für die temporäre Unterbringung der Flüchtlinge genutzt werden, bis andere Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen sind.
Die Kirchengemeinde St. Mariä Himmelfahrt und die Contilia GmbH stellen der Verwaltung für die Unterbringung der Menschen das ehemalige Seniorenheim Hildegardishaus in Broich zur Verfügung.
Bis zu 100 Menschen können dort Unterkunft finden. Von Juli bis Oktober 2014 waren dort schon einmal Flüchtlinge interimsweise untergebracht, die danach in die Wohnungen an der Gustavstraße umziehen konnten. Dankenswerterweise sind Betreibergesellschaft und Kirchengemeinde nochmals bereit, die Stadt vorübergehend bei der Unterbringung der Geflüchteten zu unterstützen, bis die Umbaumaßnahmen am Hildegardishaus beginnen. Noch bevor die ersten Menschen dort in Kürze einziehen, wird die Verwaltung Anwohner und Interessierte zu einer Informationsveranstaltung einladen, um über die aktuelle Situation und über das Konzept für die Unterbringung vor Ort zu informieren. Der konkrete Termin wird noch über die Presse und die städtische Internetseite bekannt
gegeben. Anwohner im näheren Umfeld erhalten zudem eine Einladung zugestellt. Im Rahmen und im Nachgang der Veranstaltung soll es ausreichend Gelegenheit für Fragen und Anregungen geben.
Wer vorab Kontakt zur Stadtverwaltung aufnehmen möchte, kann das auf diesem Weg tun: Telefon 0208 / 455-5401 oder per E-Mail: versenden.
Die Verwaltung plant außerdem, für 600 Menschen ein Flüchtlingsdorf auf dem Kirmesplatz an der Mintarderstraße einzurichten. Auch hierzu wird es eine Informationsveranstaltung vor Ort geben.
Zudem prüft die Verwaltung derzeit weitere Objekte (Büroflächen, Lagergebäude u.ä.) zur Deckung des Unterkunftsbedarfes.
Planungen für weitergehende Unterbringungsmöglichkeiten (ab 2016)
Für 2016 prüft die Verwaltung ohnehin bereits im ganzen Stadtgebiet, welche Grundstücke zur Errichtung von Mobilen Unterkünften/Containern geeignet sind. Hierzu wird zur Entscheidung im November 2015 eine entsprechende Beschlussvorlage vorbereitet.
Selbstverständlich werden auch für alle weiteren künftigen Standorte (also auch für den oben genannten Bereich Wenderfeld) solche Informationsveranstaltungen vor Ort durchgeführt werden.
2. Notunterkünfte für die Erstaufnahme in kommunaler Amtshilfe für das Land
Die stark gestiegene Zahl der Flüchtlinge führt auch dazu, dass das Land seiner Verpflichtung, die neu einreisenden Menschen in den eigenen Erstaufnahmeeinrichtungen unterzubringen und zu versorgen, nicht mehr nachkommen kann. Am 20. Juli 2015 hat das Land NRW die Städte und Gemeinden daher im Wege der Amtshilfe aufgefordert, zusätzlich die Erstunterbringung von Flüchtlingen auf kommunaler Ebene sicher zu stellen. Seitdem sind rund 120 Menschen in der Sporthalle am Schulzentrum Lehnerstraße untergebracht und werden vom DRK (Deutsches Rotes Kreuz) und JUH (Johanniter Unfallhilfe) versorgt und betreut. Dies war und ist nur unter großen Kraftanstrengungen und mit der Hilfe der Hilfsorganisationen DRK und JUH gelungen. Auch die Bereitschaft der Schulen und Vereine kann nicht hoch genug geschätzt werden.
Nunmehr hat die Bezirksregierung mit Schreiben vom 25.08.2015 angekündigt, die Städte nochmals für die Erstaufnahme (von mindestens 300 weiteren Menschen) in Anspruch nehmen zu wollen. Über die bisherigen Unterbringungsplätze hinaus sieht die Verwaltung aktuell nur folgende Möglichkeiten, das Land NRW zu unterstützen:
- Die Erweiterung der Kapazitäten in der Lehnerstraße von 120 auf 150 Personen. Dies ist über eine Zuleitung am 25.08.2015 nach Mülheim von insgesamt 30 Personen bereits realisiert.
- Die temporäre Nutzung der Turnhalle Ernst-Tommes-Staße 20, die eine Platzkapazität für 50 Personen bietet.
Damit können über die bisherige Zahl von 120 Personen hinaus noch maximal weitere 80 Personen aufgenommen werden, von denen aber bereits die 30 Personen vom 25. August 2015 anzurechnen sind, so dass aktuell noch 50 Plätze bleiben. Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres die Zahl der Erstunterbringungsplätze von jetzt 200 auf dann insgesamt 300 aufzustocken. Auch dafür müssen im Rahmen der oben genannten kommunalen Handlungsoptionen Lösungen berücksichtigt werden.
Weitere Informationen zu Flüchtlingen in Mülheim an der Ruhr.
Kontakt
Stand: 15.10.2015
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