Archiv-Beitrag vom 01.09.2021200 Jahre Katasterkarte in Mülheim an der Ruhr
1820 verordnete die preußische Regierung im Rheinland und in Westfalen den Aufbau eines Steuerkatasters zur gerechten Besteuerung des Grundbesitzes. 1821 wurden auf Grundlage der daraufhin erfolgten Vermessungen die ersten Urkarten der Stadt Mülheim an der Ruhr erstellt, die den Grundbesitz als Parzellen mit den darauf errichteten Gebäuden darstellen.
Historische Gemeindekarte der "Gemeinde Winckhausen" von 1821 - Ausschnitt aus der Flurkarte Winkhausen Sektion A Flur A
Die Karten besaßen eine recht hohe Genauigkeit und erlangten daher schnell eine hohe Akzeptanz bei Eigentumsfragen. In Verbindung mit den später geschaffenen Grundbuchämtern entwickelte sich das Steuerkataster zum amtlichen Eigentumsnachweis. Dies wurde 1910 durch das Reichsgerichtsurteil bestätigt und hat bis heute Bestand.
Das Kataster hat zwei Weltkriege überstanden und zahlreiche organisatorische Veränderungen hinter sich gebracht. Das Liegenschaftskataster in seiner heutigen Form existiert seit 1948. Das Grundgesetz hat die Katasterführung den Bundesländern zugeschrieben, NRW wiederum hat die Aufgabe an die Kreise und kreisfreien Städte delegiert. Das Katasteramt der Stadt Mülheim an der Ruhr ist somit zuständig für die Erhebung, Führung und Bereitstellung der Daten des Liegenschaftskatasters. Unterstützt werden sie dabei durch die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur*innen.
Zeichensaal 1972
Der technische Fortschritt hat das Kataster über die Jahre stark verändert. Neuere und genauere Aufnahmetechniken sowie durch Rechenmaschinen gestützte Auswertungen haben die Qualität der Liegenschaftskarte erheblich verbessert und halfen auch der Verwaltung ihre raumbezogenen Aufgabenstellungen zu erledigen.
Mit Einführung des Computers hat sich klassische Katasterverwaltung völlig gewandelt. Zeichenkarton und Tuschestifte sind passé. In immer kürzeren Abständen kamen Innovationen, die das Bild des Vermessungsberufs revolutionierten.
Die Liegenschaftskarte heißt heute Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) und sämtliche Katasterinformationen liegen heutzutage digital vor. Das Archiv beinhaltet die Karten, Risse und Dokumente der letzten 200 Jahre in digitaler Form.
Der Austausch mit den Fachkolleg*innen erfolgt automatisiert über das Internet und die Bürger*innen können ihren Flurkartenauszug per E-Mail als PDF erhalten.
Diese Entwicklung ist auch der stetigen Anpassung des Amtsnamens abzulesen:
Katasteramt
- Vermessung- und Katasteramt
- seit 2006: Amt für Geodatenmanagement, Vermessung- und Kataster
- seit 2009: Amt für Geodatenmanagement, Vermessung, Kataster und Wohnbauförderung
- seit dem 1. Juni 2021: Amt für Digitalisierung, Geodaten und IT
Das Kataster ist eine technikaffine Verwaltung, man war immer Vorreiter wenn es um die Einführung neuer Verfahren, Hard- und Softwarelösungen ging. Hier wurde schon lange digital gearbeitet, bevor der Ruf nach „Digitalisierung der Verwaltung“ laut wurde und es ist selbstverständlich, dass man den technischen Fortschritt im Blick hat und versucht hat diesen zweckbringend in die Arbeitsabläufe zu integrieren.
Das ALKIS beinhaltet zahlreiche Informationen über die Eigentumsverhältnisse hinaus. Die tatsächliche Nutzung der Erdoberfläche, Topografie, die Bodenschätzung und rechtliche Gebiete bilden die Basis für weitere Fachinformationen. In einer stadtweiten Geoinfrastruktur bilden die Katasterdaten zusammen mit aktuellen Luftbildern, Planungsdaten sowie vielen weiteren Geoinformationen der anderen Ämter ein umfangreiches Werkzeug für die Mitarbeiter*innnen und Entscheidungsträger*innen der Stadt, der Wirtschaft und Politik.
Wo verläuft der Kanal? Was darf ich wo bauen? Welche landschaftsrechtlichen Bestimmungen gelten für mein Grundstück? Ist mein Grundstück erschlossen? Welchen Bodenrichtwert hat mein Grundstück? Diese und viele weitere Fragen müssen täglich vielfach bearbeitet werden und die Beantwortung ist nur durch die Kombination des Liegenschaftskatasters mit den entsprechenden Fachdaten möglich.
Auch für die Rettungskräfte ist eine aktuelle und zuverlässige Kartengrundlage unverzichtbar. Wo ist der Einsatzort? Wie sieht die Umgebung aus? Und leider traurige Aktualität, wie breitet sich bei steigendem Pegel die Ruhr aus, wer muss evakuiert werden? Der Mehrwert wird erst durch die Kombination unterschiedlichster Geodaten geschaffen.
Streetsmart by Cyclomedia – Kataster kombiniert mit georeferenzierten Kugelpanoramen
Zum 1. Juni 2021 erfolgte die Bündelung der bislang an unterschiedlichen Stellen der Verwaltung bestehenden Ressourcen für den Bereich der Digitalisierung im neuen Amt 60 (Amt für Digitalisierung, Geodaten und IT), um hieraus eine höhere Schlagkraft für die digitalen Herausforderungen der Verwaltung zu erzeugen.
Die Funktion Katasteramt verbirgt sich hinter dem Begriff Geodaten und existiert weiterhin als Abteilung 60-2 und bildet die Basis aller raumbezogenen Informationen. Beim nächsten schnellen Klick in die Karte sollte einem bewusst werden, dass dahinter 200 Jahre Entstehungsgeschichte stecken.
Das Kataster ist eine bedeutende Teildisziplin der Geodäsie, der Wissenschaft von der Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche. Dieses Berufsfeld bietet derzeit hervorragende Karrierechancen, weitere Informationen unter www.geodaesie.nrw.
Hier finden Sie weitere Informationen zu Vermessung, Kataster und Geodatenmanagement.
Kontakt
Stand: 01.09.2021
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