Archiv-Beitrag vom 10.01.2018Mülheimer Wirtschaft mitten im Strukturwandel 4.0
OB Scholten: Trotz steigender Arbeitsplätze bleiben große Herausforderungen
Der Wirtschafts- und Investitionsstandort Mülheim an der Ruhr befindet sich weiterhin in einem umfassenden Strukturwandel. Die globalen Herausforderungen der Digitalisierung, Internationalisierung und der Energiewende schlagen auch voll auf die traditionsreichen Industrie- und mittelständischen Bestandsunternehmen in Mülheim durch. Damit verbunden sind Chancen und Risiken, aber auch Veränderungen der Beschäftigungsstruktur. So zeichnete sich das Geschäftsjahr 2017 in der Stadt am Fluss durch massive Personalanpassungen in traditionsreichen Industrieunternehmen und durch Expansionen innovativer Mittelständler sowie eine lebhafte Gründer- und Startup-Szene aus.
„Unter dem Strich gibt es Anfang 2018 mit 59.600 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 600 Arbeitsplätze mehr in unserer Stadt, was uns jedoch angesichts der anhaltenden Herausforderungen nur noch mehr Ansporn sein muss, seitens der Wirtschaftsförderung insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen sowie Startups und Gründern weiterhin ein umfassendes Dienstleistungs- und Serviceprogramm zu bieten“, betonten Oberbürgermeister Ulrich Scholten und Heinz Lison, Sprecher der regionalen Wirtschaft gemeinsam mit Jürgen Schnitzmeier, Geschäftsführer der Mülheim & Business GmbH, bei Vorstellung des Jahresberichts 2017 der Mülheimer Wirtschaftsförderung. Die vorgestellten Zahlen zur Jahresbilanz 2017 der Mülheimer Wirtschaftsförderer waren durchweg positiv. Über 400 mal war Mülheim & Business 2017 für die Bestandsunternehmen vor Ort aktiv, bearbeitete über 170 Gewerbeimmobilienanfragen und begleitete mehr als 230 Gründungsinteressierte intensiv auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit.
Mülheim „punktet“ als wissensbasierter Wirtschaftsstandort und familienfreundliche Wohnstadt
Mülheim an der Ruhr wächst derzeit vor allem als wissensbasierter Wirtschaftsstandort. Bestandsunternehmen wie ALDI SÜD, Hans Turck, Elomech, PVS oder die Tengelmann Gruppe haben die Zeichen der Zeit erkannt und ihre unternehmerische Ausrichtung den digitalen Anforderungen in Produktion und Handel angepasst. Das schafft Wachstum und Arbeitsplätze. „Dieses Wachstum passt exakt zu unserer Strategie: Wir wollen als wissensbasierter Wirtschaftsstandort und familienfreundliche Wohnstadt punkten“, erklärt Schnitzmeier. Und das schlägt sich inzwischen auch im jüngst erschienen bundesweiten Städte-Ranking nieder: „Im sogenannten Dynamik-Ranking, das die Entwicklung der letzten fünf Jahre analysiert, ist Mülheim beim Wachstum der wissensbasierten Dienstleistungen und bei der Kita-Quote für Kinder unter drei Jahren bundesweit Spitzenreiter“, so der M&B-Geschäftsführer.
Sorgen bereiten Stadt, Unternehmerverband und Wirtschaftsförderung neben der hohen Dauerarbeitslosigkeit und den angekündigten Personalanpassungen in den traditionsreichen Mülheimer Industriebetrieben weiterhin die fehlenden Gewerbeflächen in der Stadt. „Leider kommen wir mit den im letzten Jahr gemeinsam mit Flächeneigentümern und Unternehmen angegangenen Flächenmobilisierungen und Revitalisierungsprojekten nur sehr mühsam voran, so dass zurzeit weiterhin nur rund 6,6 Hektar (ha) frei verfügbare Gewerbeflächen, verteilt auf vier Standorte, zur Verfügung stehen“, so der M&B-Geschäftsführer: Dem standen allein im vergangenen Jahr 85 Flächenanfragen mit fast 136 ha Flächenbedarf gegenüber. Schnitzmeier verwies darauf, dass die Gewerbeflächensituation für das Wirtschaftswachstum der Stadt von immenser Bedeutung sei und betonte: "Während Mülheim in den 60er Jahren als erste zechenfreie Stadt im Ruhrgebiet von den damaligen Expansionen des Mittelstandes am stärksten profitieren konnte, droht die Stadt derzeit zum großen Verlierer der auch regional anhaltenden Wachstums- und Expansionsphase zu werden. Vor dem Hintergrund weiter angekündigter Personalanpassungen ist es besonders bedauerlich, dass wir zurzeit aufgrund fehlender Flächen nur wenig Unternehmen ansiedeln und kompensatorische Arbeitsplätze aufbauen können. Wir sind aber zuversichtlich, dass unsere Standortgespräche zum Umbau unterwertig genutzter Gewerbeflächen und -immobilien dennoch Früchte tragen werden. Das würde die Situation am Gewerbeflächenmarkt in unserer Stadt zumindest etwas entspannen."
Ohne Strukturanpassungen geht es nicht
"Vor dem Hintergrund gravierender Strukturveränderungen muss sich die Infrastruktur anpassen und neu ausrichten", forderte auch Heinz Lison als Sprecher der regionalen Wirtschaft. Er lobte erneut die gute Zusammenarbeit von Stadt, Unternehmerverband und IG Metall zum Beispiel bei der gemeinsamen Stärkungsinitiative Industrie, in der Mülheim & Business immerhin bei 10 von 33 konkreten Projekten die Federführung hat. Auch die Fortschreibung des Masterplans "Impuls HRW" und die Arbeiten an den neuen Masterplänen „Industrie und Gewerbe“ sowie "Nachfolgenutzung Flughafen Essen/Mülheim" fanden seine volle Zustimmung.
Neben diesen wichtigen Weichenstellungen für die Standortentwicklung haben Wirtschaftsförderung und Stadt im vergangenen Jahr aber auch ihre "Hausaufgaben" in Sachen Infrastrukturanpassung gemacht. Oberbürgermeister Ulrich Scholten erinnerte vor allem an den weiteren Breitbandausbau in unterversorgten Stadtteilen Mülheims, der nun aufgrund des positiven Förderbescheids über 3,2 Millionen Euro durch das Land NRW möglich wird.
5.700 Unternehmen am Wirtschaftsstandort Mülheim an der Ruhr
Auch in 2017 haben sich viele der über 5.700 am Standort Mülheim ansässigen Produktions- und Dienstleistungsunternehmen dynamisch entwickelt. Zu den Highlights des Jahres 2017 im Bereich Bestandsentwicklung zählt die Wirtschaftsförderung
- die Eröffnung des TechCenters "Additive Manufactoring" von ThyssenKrupp Presta im Gewerbegebiet Sommerfeld,
- den Baubeginn für das neue Verwaltungsgebäude und die damit verbundenen neuen Arbeitsplätze der PVS Private Verrechnungsstelle sowie
- die Expansionspläne des internationalen Technologieführers für Lüftungs- und Klimatechnik Menerga GmbH an der Alexanderstraße.
Der Verbleib der Menerga GmbH am Standort Mülheim an der Ruhr war auch beim diesjährigen Pressegespräch zum Jahresrückblick ein Thema, war das Unternehmen doch Gastgeber des diesjährigen Jahresbilanzgesprächs der Mülheimer Wirtschaftsförderung. Die beiden Prokuristen Stefanie Bekes und Tobias Richter nutzten die Gelegenheit, über die aktuellen Erweiterungspläne von Menerga am Mülheimer Standort durch den geplanten Hallenneubau an der Alexanderstraße zu berichten.
Digitalen Geschäftsmodellen gehört die Zukunft
"Digitalen Geschäftsmodellen und Startups gehört die Zukunft." Davon sind Jürgen Schnitzmeier und sein Team überzeugt. Darum stand die forcierte Unterstützung digitaler Transformationsstrategien vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie in der Gründerszene ganz oben auf der M&B-Agenda 2017. Ein besonderer Schwerpunkt lag deshalb neben der aktiven Zusammenarbeit von M&B und dem ruhr:HUB als zentraler Beratungs- und Experimentierplattform für Industrie, Mittelstand und Gründer im ganzen Ruhrgebiet vor allem auf Aufbau und Umsetzung von STARBUZZ, einem Unterstützungsprogramm für Startups im Bereich "digitaler Handel und Logistik". "Mit STARBUZZ haben wir zusammen mit über 35 regionalen und überregionalen Partnerunternehmen einen Ort geschaffen, der für die Weiterentwicklung Mülheims als traditionelle Handelsstadt von großer Bedeutung sein wird", so das Resümee von Jürgen Schnitzmeier. Zurzeit arbeiten dort 13 Startups, darunter vier internationale Teams, an neuen Geschäftsmodellen und bauen ihr digitales Unternehmen auf.
Grundsätzlich hat sich die Gründerunterstützung 2017 im STARTERCENTER NRW Mülheim an der Ruhr noch stärker auf technologieorientierte und wissensbasierte Gründungen und Geschäftsmodelle auch in Kooperation mit der Hochschule Ruhr West konzentriert, ohne den Support für Gründerinnen und Gründer aus anderen Branchen zu vernachlässigen. Die stolze Bilanz von M&B: Allein in 2107 hat das Mülheimer STARTERCENTER 339 Erstkontakte und 230 Intensivberatungen durchgeführt.
Ein Jahr Citymanagement unter neuer Leitung
Seit Anfang 2017 hat Mülheim & Business mit dem Citymanagement ein weiteres Geschäftsfeld übernommen und ihm eine neue Ausrichtung gegeben. Als Schnittstelle für alle am Innenstadtentwicklungsprozess Beteiligten liegt der Fokus neben der wichtigen Funktion einer unmittelbaren Anlaufstelle für die Einzelhändler nun vermehrt auf der fortlaufenden Investitionsaktivierung von Immobilieneigentümern.
Auch 2018 soll die proaktive Vermarktung der Innenstadt fortgesetzt werden: „Für den Abbau der Leerstände in der Innenstadt haben wir mit der Werbegemeinschaft und weiteren Partnern eine zweijährige Vermarktungsoffensive entwickelt, die wir gemeinsam mit den Immobilieneigentümern, Maklern und Investoren umsetzen wollen“, erläutert Jürgen Schnitzmeier. "Wenn 2019 dann das Stadtquartier Schloßstraße eröffnet und das Forum sein 25-jähriges Jubiläum feiert, soll unsere Innenstadt wieder neu durchstarten", hofft der M&B-Geschäftsführer.
Arbeitsschwerpunkt 2018: Digitalisierung und Innovationsförderung
Vor dem Hintergrund der Globalisierung, Digitalisierung und Internationalisierung wird die Unterstützung von Industrie, mittelständischen Bestandsunternehmen sowie Startups bei der Digitalisierung und notwendigen Innovationen auch 2018 im besonderem Fokus der Wirtschaftsförderung stehen. So sollen etwa die Aktivitäten der Stärkungsinitiative Industrie für Mülheim weiter umgesetzt und mit der Hochschule Ruhr West eine Innovationsoffensive bei 100 Mülheimer Bestandsunternehmen gestartet werden. "Mit den neuen Technologie- und Transferangeboten der Hochschule, dem ruhr:HUB, der Eröffnung eines Internet of things-Labors (IoT-Labors) Mitte Februar sowie verschiedenen Förderprogrammen zum Thema Digitalisierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen gibt es dazu zahlreiche praxisorientierte Unterstützungsmöglichkeiten für die Mülheimer Unternehmen", betont Jürgen Schnitzmeier.
Oberbürgermeister Scholten und Heinz Lison appellieren jedoch auch an alle Mülheimer Unternehmen, selbst die Initiative zu ergreifen: „Die Wirtschaftsförderung kann den Unternehmen Möglichkeiten nahelegen und vermitteln, die Umsetzung in den Betrieben muss aber durch die Unternehmen selbst erfolgen. Wer sich in den nächsten fünf Jahren nicht digital neu aufstellt, der wird künftig große Probleme haben, am Markt zu bestehen.“ Das gelte insbesondere auch für den Einzelhandel. Denn der Online-Handel wächst zurzeit jährlich zwischen 15 und 20 Prozent.
Den Jahresbericht 2017 der Mülheim & Business GmbH finden Sie zum Nachlesen in der beigefügten pdf-Datei.
Kontext
Stand: 16.01.2018
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