Problembären in Mülheim
Hinweise aus der Bevölkerung werden gerne entgegengenommen
Die zu den Kleinbären gehörenden Waschbären (Procyon lotor) haben sich inzwischen auch in Mülheim an der Ruhr etabliert. Die ursprünglich aus Nord- und Mittelamerika stammenden Raubtiere haben sich auch in Europa verbreitet. Sie stammen zumeist aus Pelztierfarmen und Aussetzungen. Waschbären gehören, wie auch Nutria und Kanadagans, zu den gebietsfremden, invasiven Arten und werden als sogenannte Neozoen („tierische Neubürger“) bezeichnet.
Als Allesfresser und Kulturfolger waren sie in der Lage, sich auch in Deutschland entlang von Gewässern, in Parkanlagen und Gärten, erfolgreich anzusiedeln. Da Waschbären hier aufgrund ihrer breiten ökologischen Anpassungsfähigkeit und dem Fehlen von natürlichen Feinden Beeinträchtigungen auf einheimische Tierarten ausüben, sind sie in Deutschland als etablierte invasive gebietsfremde Art eingestuft worden.
Probleme
Größere Konflikte entstehen zumeist dadurch, dass auf der Speisekarte des Waschbären auch stark gefährdete Amphibienarten sowie Eier und Jungvögel von bedrohten Vogelarten stehen. Die Biologische Station Westliches Ruhrgebiet hatte in Mülheim an der Ruhr im April 2019 festgestellt, dass die Brutaktivitäten der Mülheimer Graureiher-Kolonie an der Tongrube Rotkamp vollständig zum Erliegen gekommen sind. Da bekannt ist, dass Waschbären starke Verluste bei koloniebrütenden Vogelarten verursachen können, wurden im Rahmen von Untersuchungen dazu einige Waschbären in der Saarn-Mendener Ruhraue nachgewiesen. An Gebäuden können die Waschbären unter anderem Dämmmaterialien zerstören und starke Verschmutzungen verursachen. Weiterhin sind sie auch Träger von Krankheiten, zum Beispiel von Staupe, die auch für Haustiere gefährlich werden können.
Waschbären in Mülheim
Durch die Einrichtung von Wildtierkameras konnten in 2019 mindestens vier erwachsene Waschbären und drei Jungtiere in dem Bereich Tongrube Rotkamp, Ruhrstrand bis Kellermanns Loch nachgewiesen werden. Inzwischen konnten durch ein weiteres Monitoring weitere Waschbären festgestellt werden. Es sind deutliche Ausbreitungstendenzen zu erkennen. Eingehende Meldungen aus der Bevölkerung zeigen, dass die Waschbären sich in Broich und Saarn eingerichtet haben. Mittlerweile gibt es auch Beobachtungen aus Mintard, Speldorf und dem Bereich Witthausbusch/Altstadt.
Maßnahmen
Um negative Auswirkungen auf die einheimischen Tierarten durch invasive gebietsfremde Arten zu verhindern, existieren unter anderem viele europäische und nationale rechtliche Regelungen. Dazu gehört unter anderem die „EU Verordnung zu invasiven Arten“. Für etablierte invasive Arten wie Waschbären gibt die Verordnung das Management vorhandener Bestände vor. Mit entsprechenden Maßnahmen sollen Bestände reduziert und in einem verträglichen Umfang gehalten werden. Die weitere Ausbreitung der Arten ist in jedem Fall zu unterbinden. In Frage kommende Maßnahmen zu den einzelnen Arten sind vom Bund in Management- und Maßnahmenblättern aufgestellt worden.
Weiteres Vorgehen in Mülheim
Da eine Beteiligung der Waschbären am Zusammenbruch der Graureiher-Brutkolonie nicht von der Hand zu weisen ist, wurden umgehend Maßnahmen zum Schutz der Kolonie umgesetzt. Um die brütenden Graureiher zu schützen, wurden Schutzmanschetten an den Bäumen angebracht. So sollte das Plündern der Nester durch Waschbären verhindert werden können. Die Kolonie an der Tongrube wurde bislang von den Graureihern leider nicht wiederbesiedelt. Dafür haben Graureiher etwas weiter nördlich davon eine neue Kolonie gegründet. Auch hier wurden sofort Schutzmanschetten an den Brutbäumen angebracht. Es wurde ein Monitoring eingerichtet, um Veränderungen und weitere Maßnahmen schnellstmöglich umsetzen zu können. Eine gezielte Bejagung im bislang festgestellten Verbreitungsgebiet der Waschbären ist aktuell nicht umsetzbar, gehört aber zu den empfohlenen Managementmaßnahmen. Darüber hinaus sind Waschbären, die sich in Privathaltung befinden, unter Verschluss zu halten und dürfen sich nicht fortpflanzen.
Was sollten Sie beachten?
Da die Ausbreitung von Waschbären und die daraus entstehenden Konflikte mit Menschen und einheimischen Tierarten in anderen Städten (zum Beispiel Kassel, Berlin) wohl bekannt sind, haben wir im Folgenden ein paar Hinweise zum Umgang mit den Tieren. In erster Linie ist es wichtig, dass Waschbären Menschen nicht mit einer Futterquelle in Verbindung bringen. Die Verfügbarkeit von Nahrung hat direkte Auswirkungen auf den Bestand. Absichtliches Füttern von Waschbären ist zu unterlassen!
Das können Sie tun:
1. Vermeiden Sie Futterquellen für die Waschbären:
- Keine Speisereste auf offenen Kompost werfen
- Haustiere (zum Beispiel Katzen) und Gartentiere (zum Beispiel Igel) nicht nachts im Garten füttern und Futter nicht draußen lagern
- Vogelfutter nur für Vögel erreichbar ausbringen (unter anderem nicht in Bäumen oder Sträuchern aufhängen, Manschetten an Pfosten von Futterhäuschen anbringen, von Bäumen/Sträuchern mindestens 2 Meter Abstand halten, nur tagsüber füttern, dünnes Drahtseil als Aufhängung nutzen)
- Nistkästen für Vögel gegen Zugriffe von Waschbären sichern (unter anderem mardersichere Bauweise, Verschraubung von Holznistkästen)
- Mülltonnen und Abfälle unzugänglich aufbewahren oder Behältnisse mit schweren Steinen und/oder starken Spanngummis sichern
- Müllsäcke erst morgens an die Straße stellen
- Ernten Sie reifes Gemüse und Obst frühzeitig und sammeln Sie Fallobst direkt ein
- Obstbäume gegen Heraufklettern mittels Schutzmanschetten (Acryl/Blech) sichern
- Werfen Sie keine Essensreste in öffentliche Papierkörbe
2. Keine Zugangsmöglichkeiten zu Gebäuden
- Sichern Sie Hunde- und Katzenklappen (zum Beispiel chipgesteuerte Klappen)
- glatte (Blech)Manschetten über den Fallrohren der Regenrinne anbringen
- Rückschnitt von Fassadenbegrünung und Ästen bis mindestens 1 m Meter vom Dach. Zu beachten: Der Rückschnitt ist nur vom 1. Oktober bis 28. Februar erlaubt. Weitere Auskünfte dazu bei der Unteren Naturschutzbehörde
- Stabile Metallgitter auf Schornsteinen anbringen
Jagdbares Wild
Waschbären gehören zu den jagdbaren Arten und fallen damit auch in die Zuständigkeit der Unteren Jagdbehörde beziehungsweise der Jagdausübungsberechtigten. Sollte ein direkter Konflikt mit Waschbären vorliegen, versuchen Sie auf keinen Fall, diese anzufassen, einzufangen oder zu töten. Grundsätzlich kann bei der Unteren Jagdbehörde ein Antrag auf Entnahme gestellt werden. Hierbei ist zu beachten, dass erwachsene Waschbären eine Schonzeit von Ende Februar bis Anfang August haben. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann mit Bußgeldern bis zu 5.000 Euro, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen verfolgt werden. Auch ein von einer jagdausübungsberechtigten Person eingefangener Waschbär darf nicht an anderer Stelle wieder freigelassen werden.
Das Umweltamt bittet, Hinweise auf Waschbären umgehend bei der Unteren Naturschutzbehörde zu melden.
Ansprechpartnerinnen:
Daniela Specht, Telefon: 0208 / 455-7035
Gabriele Wegner, Telefon: 0208 / 455-7020
Weiterführende Informationen:
https://neobiota.bfn.de/
https://www.bfn.de/themen/artenschutz/gefaehrdung-bewertung-management/gebietsfremde-arten.html
https://www.nabu-leipzig.de/ratgeber/waschbär/
https://www.nabu-petershagen-eggersdorf.de/index.php/natur-im-garten/gartengestaltung/waschbaersichere-fuetterung
https://www.projekt-waschbaer.de/
Kontakt
Stand: 07.07.2023
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